Tagtäglich finden Einsatzkräfte Unfallstellen mit falsch gesicherten Kindern vor. Die Folgen sind für die Kleinsten oftmals tödlich. Wie müssen sich Eltern, Grosseltern oder auch Taxifahrer verhalten, wenn sie im Auto ein Kind mitführen? Wie sich herausstellt, ist die Antwort darauf gar nicht so leicht und das Wissen darüber auch nicht so einfach abrufbar.
«Wir wollen heute einen Autounfall mit einer in einem hektischen Familienalltag durchaus denkbaren Konstellation nachstellen. Wir verfolgen das Ziel, die Folgen ungenügender Kindersicherung aufzuzeigen und unkompliziert aufzuklären, wie man sich beim Mitführen von Kindern am besten verhalten soll», so Daniel Junker, Leiter Fahrzeugexperten bei Baloise.
Der erste Aufprall hat es in sich: Während der eine Elternteil hinter dem Lenkrad sitzt, hat der andere auf dem Beifahrersitz ein nicht angegurtetes Baby auf dem Schoss. Auf der Rückbank sitzt in der Mitte ein nur mit dem Beckengurt gesichertes 6-jähriges Kind, während auf der Rückbank links ein korrekt gesichertes, rückwärts gerichtetes 3-jähriges Kind sitzt. Der Unfall wird mit Dummy-Puppen nachgestellt.
Unmittelbar nach dem Crashtest kommentiert Fabian Aschwanden der DTC AG die Unfallfolgen: «Dies war sicher ein sehr heftiger Crash, bei dem starke Verletzungen bei nicht optimaler Verwendung der Rückhaltesysteme erwartet werden können.»
Die Unfallanalyse beginnt vorne links beim Fahrer: Dieser war korrekt gesichert und somit bestmöglich auf die Kollision vorbereitet. Die ergänzenden Rückhaltesysteme wie Airbag und Gurtstraffer wurden ausgelöst und tragen hier klar zur Reduktion von Verletzungen bei.
Auf der Beifahrerseite zeigt sich ein anderes Bild: Zwar wurden auch dort die ergänzenden Rückhaltesysteme wie Airbag und Gurtstraffer ausgelöst, konnten aber weder die korrekt angegurtete Beifahrerin noch das Baby zuverlässig schützen. Aufgrund des Körperkontakts zwischen den beiden Insassen ist von starken Verletzungen im Oberkörperbereich der Beifahrerin und im Allgemeinen von sehr starken Verletzungen beim Kind auszugehen.
Das Kind mittig auf der Rücksitzbank konnte zwar zurückgehalten werden, jedoch ist diese Art des Rückhaltesystems klar ungenügend und sollte vermieden werden. Einerseits wird das Kind nur über den Beckengurt zurückgehalten; dieser kann sich bei Kindern ohne Sitzerhöhung schnell in Richtung Weichteile verschieben. Anderseits klappt das Kind mit dem Oberkörper und Kopf zusammen und es ist von starken Verletzungen beim Aufprallen des Kopfes auf die Beine beziehungsweise auf die Inneneinrichtung auszugehen.
Zuletzt das gute Beispiel auf der linken Seite der Rücksitzbank: Hier konnte das Kind über seinen ganzen Oberkörper inklusive Hals und Kopf am Kindersitz abgefangen werden. Daher gab es weder hohe Belastungen durch einen Kopfaufprall an der Inneneinrichtung noch eine hohe Belastung im Bereich, an dem der Gurt anliegt. Marco Bütikofer von baby-walz dazu: «Dies ist sicher der Idealfall am Beispiel eines sogenannten ‹Reboarders› – einem rückwärts gerichteten Kindersitz. Aber auch bei einem nach vorne gerichteten Kindersitz mit korrekter Gurtposition sind ganz klar geringere Verletzungen zu erwarten als in den anderen beiden Beispielen.»
Albin Hugentobler, Leiter Verkehrspolizei Basel-Stadt, ergänzt: «Kindersitze müssen zum Kind passen, richtig montiert und eingestellt werden und schliesslich muss das Kind gemäss den Vorgaben des Herstellers im Kindersitz gesichert werden. Jedes Jahr werden etwa 300 Kinder bei Unfällen in Personenwagen verletzt. Das Risiko, dass sich ein Kind bei einem Unfall verletzt, kann durch eine richtige Sicherung erheblich reduziert werden.»
Daniel Junker von Baloise fasst den Crashtest abschliessend wie folgt zusammen: «Wir stellen fest, dass Kinder grundsätzlich auf einen altersgemässen Kindersitz gehören. Es ist zu empfehlen, dass Kinder bis zum vollendeten 3. Lebensjahr am besten auf einen rückwärts gerichteten Kindersitz gesetzt werden. Kinder oder Babys ungesichert auf dem Schoss mitführen ist für beide Personen lebensgefährlich und soll unbedingt vermieden werden.»