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Warum braucht eine Versicherung Schadenrückstellungen?
Blog Warum braucht eine Versicherung Schadenrückstellungen?
Dietmar 30. Januar 2019 Versicherungs-ABC
Warum braucht eine Versicherung Schadenrückstellungen? Wie kommt man zu dem notwendigen Zahlungsmuster?

Warum braucht eine Versicherung Schadenrückstellungen?

Wenn eine Versicherung im Rahmen eines Vertrags Versicherungsschutz gewährt, übernimmt sie damit die Verpflichtung, alle im Rahmen dieses Vertrags gedeckten Schäden zu ­bezahlen. Gerade in den Haftpflichtbranchen werden jedoch die Schäden teilweise erst spät entdeckt bzw. zieht sich die Schadenabwicklung über mehr als eine Geschäftsjahresperiode hin. Um also nachhaltig im Nichtlebengeschäft tätig zu sein, muss eine Versicherung schon im Jahr der Herausgabe einer Police eine möglichst gute Abschätzung der insgesamt zu zahlenden ­Schäden machen können. Da zum Ende des Geschäftsjahrs die Schäden nur teilweise bezahlt sind, handelt es sich stets um in die ­Zukunft gerichtete Schätzwerte.

Dazu analysiert man die Vorjahre um das Muster der Zahlungsabwicklung, also nach welcher Zeit und in welcher Höhe die Zahlungen anfallen. Das daraus ermittelte Zahlungsmuster kann dann für eine Abschätzung der benötigten Rückstellungen für alle zu erwartenden Zahlungen verwendet werden. Die Berechnung der Schadenrückstellung richtet sich zunächst nach buchhalterischen Regeln und soll aufgrund aller zum Zeitpunkt der Berechnung vorliegenden Informationen sowie erkennbarer Trends erfolgen. Baloise verwendet zum Beispiel die IFRS-Regeln.

«Schadenrückstellungen unter IFRS»

IFRS (International Financial Reporting Standards) sind internationale Rechnungslegungsregeln. Diese definieren die Aufstellung von Jahres- und Geschäftsabschlüssen von Unternehmen, losgelöst von länderspezifischen Rechtsvorschriften, und erlauben so einen internationalen Vergleich. Gemäss IFRS wird verlangt, dass alle Schadenrückstellungen beste Schätzungen sind und mittels anerkannter mathematisch-statistischer Verfahren berechnet werden. Bei seltenen, extrem hohen Schäden, wie beispielsweise bei Naturkatastrophen, ist dies allerdings besonders schwierig und nur annähernd möglich.

Wie kommt man zu dem notwendigen Zahlungsmuster?

Die Versicherung muss ihre Zahlungsdaten in geeigneter Form, den so genannten Schadendreiecken, aufbereiten. Nehmen wir die obige Grafik als Beispiel. Starten wir im Jahr 2015 und sagen, es ereignet sich ein Schaden. Es erfolgen dann erste Zahlungen für diesen Schaden noch im gleichen Jahr (B1 / B2). Ein Jahr später, 2016, erfolgen Zahlungen für neue Schäden aus dem Jahr 2016, aber zugleich noch Zahlungen für Schäden aus dem Vorjahr 2015, die entsprechend der Abwicklung (1. und 2. Jahr) zugeordnet werden (B3 / B4). Noch ein Jahr später, 2017, erfolgen immer noch Zahlungen für den Schaden von 2015, gleichzeitig solche für Schäden aus 2016 und 2017. Fasst man die Zahlungen in einer Zeile zusammen, so ergibt sich die Endschadenlast eines Jahres nach dem Bezahlen aller in diesem Jahr angefallenen Schäden. Mit diesem Wissensstand lässt sich nun eine Schätzung aller künftig anfallenden Zahlungen tätigen. Das Dreieck wird zum Rechteck erweitert (C3 /D4). Dazu gibt es viele unterschiedliche Berechnungsvarianten. Die bekannteste ist die Chain-Ladder-Methode, die schlussendlich eine bestmögliche Schätzung ergibt.

Berechnungen dieser Art sind hochkomplex und werden deshalb von Spezialisten durchgeführt. Diese Betrachtung wiederholt sich dann Jahr für Jahr, wobei die Parameter der Schätzung je nach Verlauf angepasst werden, bis irgendwann alle Schadenfälle des spezifischen Geschäftsjahrs abgeschlossen sind. Im Idealfall und bei Ausbleiben von unerwarteten Schadenereignissen oder Entwicklungen (zum Beispiel neue Rechtsprechung) sind dann genau alle Reserven aufgebraucht. Während der Abwicklung der Schäden führen Anpassungen der Schätzungen im Vergleich zu den ursprünglichen Reserven jeweils zu Reserveauflösung oder Nachreservierung (Abwicklungsgewinne oder -verluste), je nachdem, wie gut der tatsächliche Verlauf geschätzt wurde. Zwangsläufig führen diese Anpassungen jeweils zu einer Verbesserung beziehungsweise Verschlechterung der Schaden-Kosten-Quote des Geschäftsjahrs.

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